Was ist ein Rollenspiel?

Ein Auszug aus den Einführungsregeln des Menhir-Rollenspieles

Der Eine oder Andere wird hier vielleicht das erste Mal überhaupt mit der Idee des Rollenspieles konfrontiert. Was kann man sich unter "Rollenspiel" überhaupt vorstellen?

Am liebsten erkläre ich das durch einen Vergleich zu Dingen, die jeder Leser schon einmal kennengelernt hat: Bücher und Filme. In Büchern und Filmen gibt es einen vorgegebenen Hintergrund, vor dem die Charaktere des Buches oder Filmes agieren. Die dargestellten Personen werden mit Gefahren konfrontiert, müssen Schwierigkeiten bewältigen und Abenteuer bestehen.

Die Spieler in einem Rollenspiel haben im Prinzip die gleiche Aufgabe: Sie verkörpern Figuren, wie sie auch in Filmen oder Büchern mitspielen könnten, die sogenannten Spielercharaktere (SC). Das Spiel gibt nun eine Rahmenhandlung, einen Hintergrund für die Spieler vor - im Gegensatz zum Film jedoch ist der Verlauf der Handlung nicht vorher festgelegt. Die Spieler können frei agieren und selber bestimmen, wie ihre Charaktere auf bestimmte Gegebenheiten reagieren. Daraus entwickelt sich dann der Spielverlauf. Ein Film geht meistens gut aus, beim Rollenspiel aber liegt es in den Händen der Spieler, ob ihre Charaktere erfolgreich sind. Wichtig sind dabei Phantasie und Einfallsreichtum, und obwohl der Spieler nicht wirklich schauspielern und seine Figur verkörpern muß, sondern die Handlungen seines Charakters nur mit Worten umschreibt, ist der Spielspaß doch erheblich größer, wenn der Spieler sich wie ein guter Schauspieler in seinen Charakter hineinversetzt und seinen Figuren menschliche Züge verleiht.

Im Gegensatz zu einem Film, in dem es zumeist eine Hauptperson gibt, steht im Mittelpunkt des Rollenspieles eine Gruppe prinzipiell gleichwertiger Spielercharaktere, die gemeinsam eine Aufgabe lösen müssen. Empfehlenswert sind 3 bis maximal 5 Spielercharaktere, die von jeweils einem Spieler gespielt werden.

Wie es bei Büchern und Filmen die verschiedensten Genres gibt, wie z.B. Science Fiction, Krimi etc., so gibt es auch Rollenspiele für die unterschiedlichsten Bereiche. Das Menhir - Rollenspiel ist dem Genre "Fantasy" gewidmet, d.h. die Regeln sind auf Handlungen ausgelegt, die in einem mittelalterlich anmutendem Umfeld spielen, mit Magie, Rittern, Drachen usw. Die Abenteuer, mit denen die Spieler des Menhir - Rollenspieles konfrontiert werden sollen, kann man sich also in etwa so vorstellen, wie die Erlebnisse der Figuren in entsprechenden Büchern und Filmen.

Als treffende Vergleichsmöglichkeit will ich an dieser Stelle die Bücher "Der kleine Hobbit" (als Kinderbuch) und "Der Herr der Ringe" (als epischer Roman) von J.R.R. Tolkien empfehlen. In beiden Werken ist es eine Gruppe von Figuren, die phantastische Abenteuer zu bestehen hat. Wer die Bücher kennt, kann sich sicher auch unter dem Ablauf eines Fantasy - Rollenspieles etwas vorstellen - und jedem anderen kann man die Lektüre zumindest uneingeschränkt empfehlen.

Im Einführungsheft des Menhir-Rollenspieles wird der Ablauf eines Rollenspieles Schritt für Schritt erläutert, aber an dieser Stelle will ich schon einen allgemeinen Überblick darüber geben:

Wie in einer Serie bestehen die Spielercharaktere voneinander mehr oder minder unabhängige Abenteuer, der Spieler führt seinen einmal entworfenen Charakter durch mehrere Episoden, zwischen denen der Charakter auch Veränderungen und Lernprozesse durchlaufen kann. Im Verlauf des Spieles kann der Spielercharakter allerdings auch sterben, oder der Spieler die Lust an diesem Charakter verlieren - in diesem Fall kann ein neuer Charakter für den Spieler entworfen werden und zu der Gruppe stoßen.

In der Praxis steht im Zentrum des oben geschilderten Ablaufs der Spielleiter (SL), der für alle Belange verantwortlich ist, die nicht unmittelbar die Spielercharaktere betreffen. Alle auftretenden Personen, auf welche die Hauptpersonen, die SC, im Verlauf der Handlung treffen können, werden vom Spielleiter geführt - diese Nebenfiguren werden übrigens als Nichtspielercharaktere (NSC) bezeichnet.

Der Spielleiter ist außerdem für den Verlauf der Handlung verantwortlich, er hat den Überblick über alle Bereiche des Abenteuers, er kennt die Schauplätze, die Hintergründe, und er weiß und entscheidet, was alles geschieht - sei es unabhängig von den Spielercharakteren oder infolge von deren Handlungen.

Den Spielern steht es jederzeit frei, ihre Charaktere Handlungen ausführen zu lassen, die auch ein Mensch in der gegebenen Situation durchführen könnte. Der Spielleiter muß darauf jederzeit reagieren können und den Spielern sagen, ob die Aktion des Charakters glückt und was infolge dieser Handlung geschieht. Es ist somit klar, daß der Spielleiter niemals alle Möglichkeiten voraussehen kann, er muß also im Zweifel flexibel reagieren können und sollte in der Regel auch nicht gegen die Spieler agieren, sondern als neutraler Schiedsrichter wirken.

Dabei unterstützt den Spielleiter das Regelsystem. Denn alle Fähigkeiten der Spielercharaktere werden bei deren Entwicklung in Zahlenwerten festgehalten, und anhand dieser Zahlenwerte und der zugehörigen Regeln kann für die meisten Handlungen der Spieler mit Hilfe von Würfeln entschieden werden, welche Konsequenzen ihre Entscheidungen haben. Kein Regelwerk kann allerdings so komplex sein, daß es für alle Möglichkeiten des Lebens eine passende Regel bietet, und keine Regel wiederum kann so vollkommen sein, daß sie unter allen Umständen eine Situation angemessen auswertet. In solchen Fällen ist der Spielleiter besonders gefragt: Er entscheidet in Situationen, für die es keine Regel gibt, und der Spielleiter entscheidet auch, ob und wie sich eine Regel auf eine Spielsituation anwenden läßt. Im Gegensatz zu einem Brettspiel hat also nicht das Regelwerk das letzte Wort, sondern der Spielleiter, wobei die Regeln nur zu seiner Unterstützung und zur Arbeitserleichterung dienen.

Die Spieler agieren also in einer Gruppe und lenken jeweils einen Charakter und simulieren eine spannende Handlung, wie sie auch Gegenstand eines Buches oder Filmes sein könnte. Der Ausgang der Handlung ist nicht durch ein "Drehbuch" festgelegt, sondern nur das Setting - alles weitere ergibt sich aus den Ideen der Spieler und den Spielregeln.

Der Spielleiter nimmt dabei die Rolle eines Schiedsrichters ein, er beschreibt den Spielern die jeweiligen Spielsituationen, kümmert sich um die Handlungen von Nebenfiguren und entscheidet über die Anwendung der Regeln. Seine Hauptaufgabe ist es, für den Erhalt von Dramatik, Spannung und Stimmung zu sorgen.

 

 


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