Interview mit Linda Budinger
Vielen Dank, dass du dir Zeit für uns genommen hast!
Gerne.
Wie kamst du auf die Idee zu „Die Nebelburg“?
Die Idee hatte ich schon als Schülerin. Ich glaube, durch die Beobachtung, dass es damals wenig überzeugende Frauenfiguren gab. Außerdem wollte ich einmal eine Frau von einer anderen Frau retten lassen, anstatt wie sonst üblich, von einem männlichen Helden, Geliebten, Ehemann, Bruder ... Und so begann die ehemalige Geschichte damit, wie Daphne sich auf der Suche nach der Nebelburg durch den Wald schlägt.
Was erwartet den Leser, wenn er das Buch aufschlägt?
Eine Actionszene ;-) So ganz konnte ich von dem alten Konzept im Wald dann doch nicht lassen, auch wenn der Roman inzwischen mehr vom Leben der Hauptfiguren beleuchtet.
Auf welcher Idee basieren die Charaktere von Rinia und Daphne, und wolltest du etwas Spezielles ausdrücken durch die Art, wie beide sind? Daphne ist ja zum Beispiel einfach unkonventionell, aber Rinia ist oft auch in den Konventionen gebunden und stürzt sich durch ihre Liebe sozusagen ins Verderben.
Auf übergeordneter Ebene verkörpern Daphne und Rinia Gegensätze, sind die zwei Seiten einer Medaille (oder Persönlichkeit) und sollen zeigen, dass nicht immer der Forscheste am weitesten kommt. Auf Figurenebene sind beide Außenseiter. Sie passen schließlich nicht so recht in die wohlgeordnete Umwelt, entsprechen nicht den Erwartungen ihrer Familie und finden erst gemeinsam die Kraft, das auch auszuleben, zu artikulieren und nach einem anderen Horizont zu streben.
Ist der Traum, ein Ritter zu werden, etwas was dich zum Schreiben des Buches bewegt hat und vielleicht ein Kindheitstraum? Und wenn du einen hast – welcher ist dein Lieblingsritter und warum?
Ich war als Kind ein Wildfang – und mit Prinzessinnen wollte und konnte ich mich nie identifizieren. Dann doch lieber die Ritter. Ich habe früher Göttersagen aus der ganzen Welt gelesen, nordische Heldengeschichten, Schöpfungsmythen, natürlich auch den Sagenkreis um Artus und den Gral. Mein Lieblingsritter ist ganz klar Lancelot, aber auch Parzifal mag ich gern.
Wie bist du zum Schreiben gekommen, bzw. was treibt dich dazu, zum Stift zu greifen (oder zur Tastatur)?
Geschichten wollen erzählt werden und möchten nicht im Kopf eingesperrt bleiben. Das Aufschreiben der Texte und spätere Teilen mit anderen Menschen ist mein wichtigster Antrieb. Eine stille, also eine unerzählte, Geschichte gleicht einem Samenkorn, das keine Blüte treiben konnte. Beim Aufschreiben wachsen die Geschichten, bekommen Gestalt und manche Facette, die mir selbst erst mit der eingehenderen Beschäftigung deutlich wird. Wobei auch das Schreiben zwiespältig sein kann, denn eine einmal festgelegte Geschichte ist, sobald sie endgültig aufs Papier gebannt wurde, auch für mich beendet. Während im Gegensatz dazu ungefügte Plots noch verführerisch glitzern und sich beständig in der Vorstellung wandeln, um meine Aufmerksamkeit (und eine eigene Datei) buhlen.
Hast du beim Schreiben bestimmte Eigenheiten? (Es soll ja Autoren geben, die nur bei Vollmond schreiben, den Lieblingsstift in der Hand oder ähnliches)
Die Frage mit dem Lieblingsstift erübrigt sich bereits dadurch, dass ich seit über 10 Jahren zur Texterfassung nur am Computer arbeite. Ich schreibe am liebsten zuhause, brauche eigentlich aber in erster Linie Ruhe dazu, oder ausgewählte Musik. So gesehen schreibe ich jeden Tag (oder beschäftige mich zumindest mit den Texten, auch überarbeiten und Recherche ist ja neben dem rein Schöpferischen Bestandteil der Arbeit).
Die viel zitierte Schreibblockade – ist sie dir schon begegnet und hast du ein Rezept gegen sie?
Schreiben wollen, es aber nicht können, kenne ich eigentlich kaum. Man muss ja nicht dauernd schreiben, und ohne kreative Pausen ginge es nicht voran. Ich kann nur dazu raten, Texte zu verfassen, die einem von vorne bis hinten Spaß machen oder mit denen man begründete Hoffnungen verknüpft. Ein persönlicher Bezug ist gerade bei Auftragsarbeiten wichtig, damit auch sie eine »Seele« bekommen. Zu den Leuten, die zwanghaft über die Projekte reden, an denen sie gerade sitzen, sich mit anderen austauschen oder bei ihnen Rat holen, gehöre ich allerdings nicht. Es bringt mich weiter, die Energie direkt in den Arbeitsprozess zu stecken. Daher lautet mein Geheimrezept für Motivationsflaute: nicht über ungelegte Eier sprechen, sondern nur fertige Texte herausgeben, damit der Anreiz des Aufschreibens bleibt und nicht durchs Erzählen schon verpufft. |